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U.S. GESELLSCHAFT UND DIE SOG. „CORPORATE GOVERNANCE“

Die Gründung der U.S.-Gesellschaft ist vollbracht. Die Gesellschaft hat einen Namen, wurde in dem gewünschten U.S.-Bundesstaat angemeldet und hat ihren Gesellschaftern entsprechend ihrer Anteile die Aktienzertifikate ausgestellt. Die wesentlichen Gesellschaftspositionen sind besetzt worden (d.h. „Officers“ – wie „President“, „Vice President“, „Treasurer“ und „Secretary“) und auch die Mitglieder des Aufsichtsgremiums, dem sog. „Board of Directors“ wurden bestimmt. Dann wäre ja eigentlich alles erledigt und die Gesellschaftsunterlagen können abgelegt werden, oder? Weit gefehlt! Jetzt gilt es die sog. „Corporate Governance“ zu beachten!

Was ist „Corporate Governance“?

Dieses Themengebiet wird ab der Gründung der U.S.-Gesellschaft relevant. Der Begriff „Corporate Governance“ bezeichnet dabei die Umsetzung der gesellschaftsrechtlichen Vorgaben aufgrund der jeweiligen U.S.-Bundesstaatengesetze und der internen Regelungen der Gesellschaft durch ihre Satzung, den sog. „By-Laws“.
Dieser Bereich ist deshalb so wichtig, da durch die Einhaltung der Corporate Governance Regelungen nicht nur eine Haftung der Gesellschaft selbst im Geschäftsleben, sondern maßgeblich auch eine Durchgriffshaftung auf die Muttergesellschaft vermieden werden kann.

 

Das sogenannte „Minute Book“

a. Bedeutung
Praktisch wird die Corporate Governance durch das sog. „Minute Book“ der Gesellschaft umgesetzt. Da es in den USA, anders als in Deutschland oder Österreich, kein Handelsregister gibt, sind U.S. Gesellschaften gesetzlich verpflichtet alle relevanten Dokumente der Gesellschaft zum Teil selbst zu erstellen und dann zu verwalten. Diese Dokumente werden in einem Dokumentenhalter, dem sog. „Minute Book“ verwaltet und aufbewahrt.

b. Was sollte in einem “Minute Book” aufbewahrt werden?
Erst einmal sollten die bei dem Gründungsprozess erstellten ursprünglichen Gründungsdokumente aufbewahrt werden. Hierzu gehören:
(1) Die sog. „Articles of Incorporation“. Dies ist die Eintragungsbestätigung der Gesellschaft. Diese wird meist vom „Office of the Secretary of the State“ des Gründungsstaates erstellt und übersandt.
(2) Die sog. „By-Laws“. Hier handelt es sich um die Satzung der Gesellschaft. Je nach Gesellschaftsform wird diese Satzung auch „Operating Agreement“ genannt.
(3) Der sog. „IRS Letter“. Dies ist das Bestätigungsschreiben der Bundes-Steuerbehörde („IRS“) für die Erteilung der (Bundes)-Steuernummer, sog. „Federal Tax I.D. Number“.
(4) Die – ursprünglichen – Gründungsbeschlüsse der Gesellschaft. Im Anmeldeformular zur Gründung der Gesellschaft müssen der / oder die „initial directors“ der Gesellschaft benannt werden. Nach Gründung schliessen sich deshalb entsprechende Beschlüsse (sog. „resolutions“) an, die zum einen die Gründung der Gesellschaft als auch die Benennung der „initial directors“ bestätigen und ratifizieren. Gleiches gilt für die Bestimmung des oder der Gesellschafter(s), die auch per Beschluss bestätigt werden. Diese Beschlüsse bezeichnet man als sog. „Board of Directors“ oder auch „Shareholder“ Beschlüsse.
(5) Meist gehören zu der Bestimmung der Gesellschafter auch entsprechende, sog. „Subscription Agreements“ in welchem die Konditionen der Beteilung des oder der Gesellschafter(s) aufgeführt sind. Auch diese(s) Dokument(e) werden im „Minute Book“ verwahrt.
(6) Nach Bestellung als Gesellschafter und basierend auf den Konditionen im sog. „Subscription Agreement“ werden dem oder den Gesellschafter(n) entsprechende Aktienzertifikate ausgestellt (sog. „stock certificates“). Das Original-Aktienzertifikat wird dem/den Gesellschafter(n) ausgehändigt. Eine Kopie des/der Aktienzertifikats(e) wandert in das „Minute Book“.
(7) Zur Kontrolle der Anzahl der ausgegebenen Aktien und der Namen der Aktionäre wird ein sog. „Stock Ledger“ (Aktienregister) – oder auch „Stock Transfer Ledger“ genannt – geführt, welches auch eine evtl. spätere Übertragung von Aktien dokumentiert. Dieses Register wird ebenfalls im „Minute Book“ aufbewahrt.
Bei den obigen Dokumenten handelt es sich allesamt um ursprüngliche Gesellschaftsdokumente, die kurz nach Gründung erstellt werden.
Ist die Gesellschaft aktiv, dann werden im Laufe der Zeit weitere Gesellschaftsdokumente erstellt. Hier handelt es sich meist um Gesellschaftsbeschlüsse, die relevante Vorgänge der Gesellschaft dokumentieren und ratifizieren sollen, so z.B. der Wechsel von „officers“ (also z.B. des „President“, „Vice President“, „Treasurer“ oder „Secretary“), die Neubestellung von weiteren „officers“ oder die Aufnahme neuer Gesellschafter. Dies geschieht meist durch „Board of Directors“ Beschlüsse. Beschlüsse, die wichtige Gesellschaftsentscheidungen betreffen, werden meist in sog. „Shareholder“ Beschlüssen gefasst.
Wird die Gesellschaft in anderen Bundesstaaten als dem Gründungsbundesstaat aktiv, so bieten sich Registrierungen in diesen Bundesstaaten an. Die Bestätigungen dieser sog. „Qualifications“ werden dann ebenfalls im „Minute Buch“ aufbewahrt.

c. Haftungsfragen
Für die ordentliche Führung des „Minute Book“ ist eine permanente Kontrolle und „Wartung“ notwendig ist. Andauernd sind Registrierungen zu erneuern oder zu aktualisieren. Neue Beschlüsse müssen gefasst werden, etc. Diese Vorgänge sind mit einem gewissen Zeit- und auch Kostenaufwand verbunden. Diese „Wartungsarbeiten“ dürfen nicht vernachlässigt werden, da dies ansonsten für die Gesellschaft haftungsrechtlich als auch durchgriffshaftungsrechtlich bedeutsam werden kann.
Im Streitfall kann es zu einer Vorlagepflicht des „Minute Book“ kommen, um die ordentliche Buchführung der Gesellschaft zu belegen. Diese „Minute Book Maintenance“ hat wesentlichen Einfluss auf die Frage, ob Gründe für eine Haftung der Gesellschaft oder auch der Durchgriffshaftung der Mutter-Gesellschaft vorliegen.

d. Relevanz von Gesellschaftsvorgängen als Grundlage für Beschlüsse
Wann ein Gesellschaftsvorgang als „relevant“ eingestuft wird, entscheiden die Gesellschafter meist selbst. Hier sollte allerdings „wohlwollend“ beurteilt werden, denn es geht um die Dokumentation der Vorgänge der Gesellschaft. Die gefassten und im „Minute Book“ hinterlegten Beschlüsse sind für die „Corporate Governance“ von besonderer Bedeutung, da diese die Historie der Gesellschaft wiedergeben. Von den ersten Beschlüssen der Gesellschaft zur weiteren Entwicklung sollten deshalb alle relevanten Vorkommnisse der Gesellschaft in der Form von Beschlüssen gefasst und dann dokumentiert werden. Das erscheint mühsam und umständlich, ist aber für die ordentliche Führung des „Minute Book“ unerlässlich. Wer kann sich schon Jahre später daran erinnern, ob die eine oder andere Entscheidung auch durch Zustimmung des Board of Directors oder der Shareholder abgesegnet wurde. Ein Blick ins „Minute Book“ genügt und der schriftlich gefasste Beschluss belegt die Zustimmung der Entscheidung.

 

Wer ist für die Einhaltung der „Corporate Governance“ verantwortlich?

Natürlich ist die Gesellschaft für die Einhaltung der „Corporate Governance“ Regeln verantwortlich. Im Innenverhältnis wird diese Aufgabe meist vom sog. „Corporate Secretary“ – einem „officer“ der Gesellschaft – erledigt. Der „Corporate Secretary“ bildet auch eine wichtige Brücke zwischen der Muttergesellschaft und ihrer U.S.- Tochtergesellschaft und stellt auf diese Weise u.a. sicher, dass sich kein Haftungspotential aufbauen kann. Aufgrund des doch nicht unwesentlichen Haftungspotentials bei möglichen Versäumnissen, werden sehr oft Anwälte mit dieser Aufgabe beauftragt. Die Kosten hierfür stehen in keinem Verhältnis zum Haftungspotential der Gesellschaft bei Versäumnissen.

Fazit: Die Einhaltung der „Corporate Governance“ darf auf keinem Fall vernachlässigt werden

Die Einhaltung der „Corporate Governance“ Regeln stellt eine außerordentlich wichtige Aufgabe bei der Verwaltung der Gesellschaftsunterlagen dar und darf auf keinem Fall vernachlässigt werden. Auch Anwälte der Kanzlei Schumann Burghart LLP stellen bei vielen der durch die Kanzlei betreuten U.S. Tochtergesellschaften den sog. „Corporate Secretary“ um die ordentliche Umsetzung der „Corporate Governance“ Anforderderungen der Gesellschaft zu gewährleisten. Gerne stehen wir deshalb mit unserem Anwaltsteam bei Fragen hierzu mit Rat und Tat zur Verfügung.

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Moritz Schumann, Schumann Burghart LLP

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